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Reicht mein Geld für die Pflege im Alter?
Wir werden immer älter und sind umso länger pensioniert. Aber reichen unsere Eigenmittel, d.h. Renteneinkommen und Vermögensverzehr, um bis ans Lebensende durchzuhalten, vor allem wenn noch hohe Pflegekosten anfallen? Oder droht uns zunehmende Altersarmut? Davon kann gemäss Steuer- und Sozialhilfestatistik in der Schweiz grundsätzlich nicht die Rede sein. Wer das anders sieht, der schaue sich mal im Ausland um und mache Vergleiche. Dem Schweizervolk geht es per saldo gut. Zum Problem im Einzelfall kann aber die Langzeitpflege im Alter kommen, vor allem im Pflegeheim, aber auch ambulant via Spitex zu Hause. Genügen also die aktuellen Instrumente zur Finanzierung des Lebensabends, oder bedarf es zusätzlicher Massnahmen? Die Frage ist berechtigt.
Das heutige System
Unbestritten ist, dass primär die Finanzierung der Langzeitpflege eine grosse gesellschaftliche Herausforderung darstellt. Ebenso unbestritten ist, dass die finanziellen Zukunftsperspektiven vielen von uns mit zunehmendem Alter echte Ängste bereiten. Entsprechend sind Staat und Politik gefordert, die aktuelle Situation zu analysieren und Massnahmen zu ergreifen, falls die Mittel im Einzelfall nicht mehr ausreichen. Wie also präsentiert sich das Pflegefinanzierungssystem heute?
Das heutige System ist seit anfangs 2011 in Kraft und beruht – nebst abgestuften Eigenleistungen aus privatem Einkommen und/oder Vermögen – auf folgenden drei Pfeilern unseres Sozialversicherungssystem: Obligatorische Krankenversicherung, Hilflosenentschädigung zur AHV/IV sowie Ergänzungsleistungen. Reichen diese Finanzierungsquellen im Einzelfall nicht aus, sind die Kantone bzw. die Gemeinden für die Restfinanzierung der Kosten für die Pflege zu Hause oder im Pflegeheim verantwortlich. Im Kanton Aargau gibt es, bei einer Gesamteinwohnerzahl von 645‘000, derzeit rund 6‘000 Pflegebetten. Davon wird ein Drittel ausschliesslich privat finanziert. Bei zwei Dritteln bedarf es zur Restkostenfinanzierung der öffentlichen Hand. Die ambulante Pflege zu Hause kann durch die Spitex erbracht werden. Sie ist kostengünstiger als das Pflegeheim, das im Schnitt auf monatlich rund 6‘000 Franken zu stehen kommt, ohne „Hotellerie“, sprich Unterkunft und Verpflegung.
Braucht es eine neue Pflegeversicherung?
Ob das aktuelle System genügt, kann vorläufig noch nicht abschliessend beurteilt werden. Der Bundesrat hat dazu einen Evaluationsbericht in Aussicht gestellt, sobald er über genügend stabile Daten verfügt. Das dürfte in etwa ein bis zwei Jahren der Fall sein, denn vergessen wird nicht, die Neuordnung der Pflegefinanzierung ist noch nicht einmal 4 Jahre alt. Ziehen wir aber die demografische Entwicklung der nächsten 20 Jahre in Betracht, dann deutet sich bereits heute an, dass einzelne Kantone bzw. Gemeinden arg in die Klemme kommen und kaum um signifikante Steuererhöhungen herum kommen werden, auch wegen anderen hohen Belastungen im Bereich der Sozialhilfe.
Deshalb postulieren heute schon diverse Bundesparlamentarier die Einführung einer unabhängigen, neuen und obligatorischen Pflegeversicherung à la KVG oder AHV/IV. Diese würde die öffentliche Hand bei der Restfinanzierung der medizinischen Langzeitpflege einschliesslich der „Hotellerie“ entlasten. Finanziert werden müsste sie über weitere einkommens- und vermögensabhängige Beiträge, allerdings beschränkt etwa ab dem 50. Altersjahr. Wollen wir das? Im Moment sind solche Visionen noch alles andere als mehrheitsfähig. Der Bundesrat will zunächst seinen Evaluationsbericht abwarten und sich erst dann darüber äussern, ob weitere Massnahmen oder gar ein neues Versicherungsobligatorium nötig sind. Ich meine, dieses Vorgehen ist richtig, zumal auf Basis des aktuellen Systems das Geld im Regelfall bis ans Lebensende reicht, und darüber hinaus meist immer noch etwas zum Vererben bleibt…
Politische Lagebeurteilung von NR Maximilian Reimann
25.10.2014