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Maximilian Reimann im Europarat zum Versagen des Dublin-Abkommens
Ich begrüsse die schonungslose Offenheit, mit der unser italienischer Kollege Michele Nicoletti den Zustand des Dublin-Abkommens analysiert hat und zur Erkenntnis gekommen ist:
Das Abkommen hat versagt, das System ist zusammengebrochen, eine Reform ist dringend gefragt.
Als Italiener weiss Kollege Nicoletti natürlich klar, wovon er spricht; und als sein nördlicher Nachbar in der Schweiz möchte ich ergänzen: Nicht nur das Dublin-Abkommen hat grundsätzlich versagt, sondern auch dessen Zwillings-Stück, das Schengen-Abkommen. Zwillingsstück für uns in der Schweiz deshalb, weil das Schweizervolk vor genau 10 Jahren in einer denkwürdigen Einheitsabstimmung der Assoziierung an die Räume von Schengen und von Dublin zugestimmt hat, mit 54 % Ja allerdings relativ knapp und mit einiger Skepsis.
Deshalb sind wir heute und damit 10 Jahre später besonders enttäuscht von der Tatsache, dass beide Abkommen die Erwartungen in keiner Weise erfüllt haben und wir nun gesamteuropäisch vor einem Scherbenhaufen stehen.
An Ursachen dafür orte ich deren zwei, eine interne und eine externe.
Die interne ist, was Dublin anbetrifft, die zu grosse Gutgläubigkeit der internationalen Staatengemeinschaft, was den ordentlichen Ablauf von Asylverfahren anbetrifft. Die externe Ursache ist das Volumen der Migrantenströme, das in dieser Grössenordnung schlicht und einfach nicht vorauszusehen war.
Diese neue Form von „Völkerwanderung“ lässt aber auch noch andere Elemente innerhalb der Weltstaatengemeinschaft als gescheitert erscheinen, so viele, viele Friedensbemühungen und Friedenseinsätze im Rahmen der UNO oder der OSZE. Aber auch die kostspielige Entwicklungshilfe, wie sie seit vielen Jahrzehnten betrieben wird, hat leider bis heute in vielen Ländern der 3. Welt alles andere als Nachhaltigkeit hinterlassen und Fortschritte gebracht. Das muss uns im Europarat wie auch in unseren Heimatstaaten und bei unseren Steuerzahlern doch sehr zu denken gaben.
Deshalb hoffe ich sehr, unsere Debatte von heute möge dazu beitragen, dass wir einerseits zweckmässig zur Schaffung eines echten, neuen europäischen Asylsystems beitragen können, und dass wir andererseits auch in Sachen Friedenspolitik und Entwicklungszusammenarbeit grundsätzlich über die Bücher gehen.
Unsere Bürgerinnen und Bürger zu Hause erwarten an beiden dieser aussen- und weltpolitischen Fronten nicht bloss weitere Worte, sondern endlich echte Taten! Und zu diesen Taten gehört auch wesentlich mehr internationaler Druck auf Saudiarabien oder die Golfstaaten, in ihrer Eigenschaft als Nachbarländer von typischen „Migrationsregionen“ mehr zur Lösung der Flüchtlingsproblematik vor Ort beizutragen.
Votum von Maximilian Reimann
am 29.09.2015 im Europarat