Mein Wahlflyer von 2019 – Download
Politik, Alter, Amtszeit – und die fragwürdige „Altersguillotine“
Jüngst hat mir ein politischer Jungspund gesagt, von einem gewissen Alter an gehöre man nicht mehr in die Politik. Ab welchem Alter denn, war meine spontane Rückfrage? Dazu schwieg er. Deshalb ein kurzer Blick auf die in Frage kommenden Jahrgänge im In- und Ausland, wo demokratische Wahlen stattfinden. Logisch, dass der Miteinbezug von Monarchien und Diktaturen fehl am Platz wäre, denn dort gelten andere Massstäbe als Volkswahlen! Zunächst zur Schweiz. Da kandidiert im Kanton Waadt mit alt-Nationalrat Jacques Neyrinck und reeller Wahlchance ein Senior mit stolzem Jahrgang 1931 erneut, nachdem er vor 4 Jahren sein CVP-Mandat knapp an einen parteiinternen Konkurrenten verloren hatte. Mit 88 Jahren ist er jedenfalls der älteste mir bekannte Kandidat schweizweit. Die längste Amtszeit all jener Bundesparlamentarier, mit denen ich zusammen in Bern war, verzeichnet NR Helmut Hubacher (SP, BS); er kam auf 34 Jahre. Sein St.Galler Parteikollege Paul Rechsteiner wird diesen Rekord brechen, wenn er im Oktober wiedergewählt wird. Er gehört seit 33,5 Jahren zunächst dem National- und seit 2011 dem Ständerat an.
Kaum ein Thema ist die Altersfrage in westlichen Demokratien. So wurde in Deutschland Wolfgang Schäuble (Jg. 1942) vor 2 Jahren zum Präsidenten des Bundestags erkoren. In Italien war Giorgio Napolitano von 2006 – 2015 Staatspräsident, gewählt im 80. und abgetreten im 90. Altersjahr. In den USA präsidiert Nancy Pelosi (Jg. 1940) das Repräsentantenhaus und im Rennen um die Nachfolge von Präsident Trump (Jg. 1946) haben bei den Demokraten derzeit ex-Vizepräsident Joe Biden (Jg. 1942) und der letztmals im Schlussduell gegen Hillary Clinton knapp unterlegene Bernie Sanders (Jg. 1941) die Nase vorn. Der Schreibende (Jg. 1942) kandidiert als Bisheriger diesmal für die überparteiliche Aargauer Seniorenliste von TEAM65+ und möchte dazu beitragen, dass auch in der nächsten Legislaturperiode Senioren-Jahrgänge aus dem Aargau in Bern vertreten sein werden. Bekanntlich hatten die etablierten Parteien auf ihren Hauptlisten im Aargau die Senioren völlig übergangen, obwohl sie einen Viertel aller Stimmberechtigten vertreten. Man lässt sie - falls überhaupt – nur auf sog. Unterlisten antreten, aber Wahlchancen haben sie, mit Ausnahme im bevölkerungsreichsten Kanton Zürich, daselbst allerdings keine.
In einer Volkskammer, wie der Nationalrat gemäss Verfassung eine darstellt, sollten spiegelbildlich alle stimmberechtigten Jahrgänge angemessen vertreten sein. Massiv untervertreten sind die Jungen und die Ü-65-Jährigen. Das Problem der Jungen, um gewählt zu werden, ist ihre Noch-Unerfahrenheit in Beruf und Politik. Am anderen Ende sind es „Altersguillotinen“, die vermehrt von politischen Parteien aufgefahren und von den älteren Jahrgängen aus diskriminierend empfunden werden. Dagegen machen wir im Aargau nun mit einer eigenen Seniorenliste mobil. Kommt unsere Botschaft „Senioren wollen auch durch politisch erfahrenen Jahrgänger in Bern vertreten sein“ durch, dürfen wir dem 20. Oktober mit Zuversicht entgegen blicken.
Maximilian Reimann, Nationalrat / TEAM65+, Gipf-Oberfrick