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Zurück zu den hochverzinslichen „Strukis“?
Geldratgeber vom 3. April 2014
Unter „Struki“ sind jene strukturierten Anlageprodukte verstanden, die über hohe Coupons und kurze Laufzeiten verfügen sowie zumeist auf einer oder mehreren Aktien basieren. Soll man sich mangels tauglicher Alternativen wieder vermehrt ihnen zuwenden?
Am meisten gefragt unter den „Strukis“ sind die Barrier Reverse Convertibles, die auf einer einzigen Aktie oder einem Aktienindex, sowie die Multi Barrier Reverse Convertibles, die auf drei bis vier Aktien beruhen. Vor der Finanzkrise von 2008 standen sie hoch im Kurs. Dann wurde es relativ ruhig um sie, weil ein Grossteil von ihnen die Barrieren durchbrachen und den Anlegern Aktien in ihre Depots schwemmten, die sie gar nicht haben wollten. Inzwischen haben sich die meisten dieser Aktien, mit Ausnahme der Grossbankenwerte, zu wahren „Kursraketen“ entwickelt und manch Depotinhaber schwärmt erneut von solchen Engagements. Diverse Anleger wollten meine Meinung dazu wissen.
Zum Beispiel 10,6 % auf Novartis/Swatch/Zürich
Hier ist meine Meinung, dargelegt an einem Beispiel, das ich für Normalanleger als Depotbeimischung für tauglich halte. Dieser Multi Barrier Reverse Convertible (BRC) stammt aus dem Hause Leonteq, einer jungen Spezialistin für die Emission von strukturierten Produkten, die sich kürzlich an der Schweizer Börse hat kotieren lassen. Zu den Grossaktionären gehört via die Notenstein Privatbank somit auch Raiffeisen Schweiz. Das ist für die Bonität des Struki wichtig, denn der Emittent bürgt für die Rückzahlung. Man erinnere sich ans Jahr 2008, als ähnliche Produkte der bankrotten US-Bank Lehman Brothers zu Nonvaleurs degenerierten.
Vorliegendes Leonteq-Produkt läuft bis zum 17. Juli 2015 und ist mit einem Jahrescoupon von satten 10,6 % versehen. Davon unterliegen aber nur 0,11 % als Zins der Einkommenssteuer, während nicht weniger als 10,49 % als steuerfreier Kapitalgewinn anfallen. An der Börse notiert dieser BRC zur Zeit um die 98 %. Volle Barrückzahlung erfolgt, wenn zwischenzeitlich nicht einer der drei unterliegenden Aktien unter die Barriere fallen. Diese liegt bei Novartis auf Fr. 55.61, bei Swatch auf Fr. 411.00 und bei Zürich Insurance auf Fr. 204.83.
Die Risiken nicht unterschätzen!
Im Vergleich zu den Renditen konventioneller festverzinslicher Werte verfügen viele Strukis somit über traumhaft hohe Coupons. Zum Vergleich: Eine neue Anleihe von Syngenta mit 4-jähriger Laufzeit ist mit einem Zins von 0,75 % ausgestattet, der erst noch voll der Einkommenssteuer unterliegt! Trotzdem, auch bei vorliegendem Struki sollen und dürfen die Risiken nicht übersehen werden. Wer grundsätzlich nichts von Aktien wissen will, der lasse auch diese Anlage links liegen. Nebst dem Bonitätsrisiko des Emittenten lastet vor allem das Aktienkursrisiko auf den Titeln. Einbrüche an den Aktienmärkten sind auf dem aktuell hohen Kursniveau so gut wie nur mehr eine Frage der Zeit. So kann etwa die Zürich-Aktie, die derzeit um 270 Franken kostet, sehr wohl bis Mitte des nächsten Jahres unter die Barriere von Fr. 204.83 fallen. Die Coupon-Zahlung von 10,6 % p.a. bleibt zwar bestehen, aber auf dem einbezahlten Kapital kann man durchaus Verluste von 20 – 30 % einfahren. Wem das zustösst, der würde nachträglich noch so gern den Spatz auf der Hand behalten, nämlich die 0,75 % von Syngenta oder ähnlich…
Ich bleibe somit bei meinem Anfangsbescheid: Strukis als Depotbeimischung ja, aber man muss sie im Portfolio den Aktienwerten zuordnen und mehr als einen Drittel an Aktien empfehle ich keinem Normalanleger. Zum Trost im Voraus aber doch noch dies: Die Aktien der Zürich-Versicherung notierten in den letzten 15 Jahren zwischen 130 und 800 Franken! Erholungspotenzial hätte sie somit alleweil wieder.
Einfache oder mehrfache Aktienunterlegung?
Noch sind aber längst nicht alle Fragen geklärt. Eine, die häufig gestellt wird, ist diejenige nach der Aktienunterlegung. Persönliche bevorzuge ich als Basiswert entweder eine einzige Aktie oder dann einen ganzen Index. Sie sind in der Kursentwicklung sowohl einfacher zu verfolgen als auch einfacher abzusichern, zum Beispiel mit einer Put-Option auf diesen Wert. Damit erwirbt der Anleger das Recht, in einer bestimmten Zeit eine Aktie oder einen ganzen Index zu einem im Voraus festgelegten Preis zu verkaufen. Mit mehreren Basiswerten ist das komplizierter. Bei einfacher Unterlegung ist der Coupon aber tiefer und das ergibt weniger Rendite.
Über die grösste Sicherheit, dass man bei Fälligkeit 100 % Barzahlung und nicht Aktien erhält, verfügt man aber unter folgenden Voraussetzungen: Ersten soll die Laufzeit nicht allzu lange sein, in der Regel nicht über ein Jahr. Und zweitens sollte die Barriere möglichst weit unten dem aktuellen Kurs liegen. Als Faustregel nehme man mindestens 35 %, d.h. Barriere bei 65 % das aktuellen Aktienkurses.
von Maximilian Reimann