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Geldratgeber vom 23. Dezember 2010
von Maximilian Reimann
Letzte Woche bewilligte der Ständerat 16,5 Milliarden zur Stützung von überschuldeten EU-Staaten. Nun ist der Nationalrat am Ball.
Es war für mich eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich in meiner politischen Laufbahn je zu fällen hatte. Soll die Schweiz einen neuen Kredit von 16,5 Milliarden Franken an den Internationalen Währungsfonds (IWF) bewilligen, damit dieser – zusammen mit der Europäischen Zentralbank – Länder in der Euro-Zone vor dem Staatsbankrott retten kann? Immerhin handelt es sich dabei um hart erarbeitetes Volksvermögen, das wir via IWF einsetzen, um notorische Defizitsünder zu stützen. Eine Gewähr auf Rückzahlung haben wir nicht. Risikobehaftet ist aber auch ein Abseitsstehen, weil das einem Zusammenbruch des Euro-Systems noch Vorschub leisten könnte.
Internationale Solidarität über alles?
Der Bundesrat wollte das IWF-Paket möglichst rasch durchs Parlament pauken, denn der IWF hatte sich zum Ziel gesetzt, bis Ende Jahr die Zustimmung der potenten Mitgliedstaaten für eine massive Aufstockung seiner Interventionsmittel zu erhalten. Die internationale Solidarität verbiete es der Schweiz, diesen Termin hinauszuzögern oder gar abseits zu bleiben. Zudem sei der Sitz der Schweiz im IWF-Exekutivrat gefährdet. Im Ständerat kam die Vorlage dank klarer Mehrheit der Mitte-Parteien problemlos durch. Im Nationalrat hingegen liegen die politischen Kräfte anders. Da verfügen die beiden Pol-Parteien zur Linken und zur Rechten zusammen über die absolute Mehrheit. Und diese Mehrheit weigerte sich mit 111 zu 65 Stimmen, dem Antrag des Bundesrates auf dringliche Behandlung des komplexen IWF-Geschäftes noch in der Wintersession Folge zu geben. Die NZZ malte wieder einmal das Ungetüm der unheiligen Allianz an die Wand. Ich selber plädierte für Rückweisung der Vorlage an die vorberatende Kommission des Ständerates, um noch einmal gründlich über die Bücher gehen zu können. Das wird nun im Nationalrat nachgeholt.
Hält der IWF-Stabilitätsdamm?
Sicher muss es einem Land, das wie die Schweiz seinen Staatsfinanzen im Griff hat, gestattet sein, den Einsatz seiner Währungsreserven zur Stützung von Defizitsündern gründlich und ohne Hektik zu prüfen. Als wir das Mitte Oktober in der vorberatenden Kommission taten, war eben erst die Griechenland-Kriese überstanden. Skeptiker warnten allerdings schon damals, man hätte besser getan, Griechenland – wie zehn Jahre zuvor Argentinien – in den Bankrott gehen zu lassen und es finanzpolitisch dann von Grund auf neu zu strukturieren, ohne den Euro als Landeswährung. EU und IWF sanierten vorerst aber Griechenland mit Milliardenkrediten, einschliesslich Mitteln aus der Schweiz.
Seither ist Irland hinzugekommen, Portugal wackelt im Fundament und über Spanien hängt das Damoklesschwert. Vermag der IWF einschliesslich weiterer CH-Milliarden allenfalls auch grosse Länder zu stützen? Oder wirft man einfach schlechtem Geld gutes nach, bis alle ausgebrannt sind? Wir wissen es auch im Parlament nicht und die Expertenmeinungen gehen zum Teil diametral auseinander. Für den Anleger aber heisst das, dass das kommende Jahr ein ganz schwieriges werden wird, was die Anlagestrategie anbetrifft. Deshalb tut man weiterhin gut daran, währungsmässig im Schweizerfranken sowie anlagemässig in Sachwerten zu bleiben, d.h. grundsolide Aktien, Immobilien und Immobilienwerte sowie Edelmetalle zu bevorzugen.
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Ich hatte vor zwei Wochen auf diese Neuemission am schweizerischen Obligationenmarkt hingewiesen, mit der Empfehlung, vorläufig ja nicht zuzugreifen, trotz AAA-Bonität und garantierter Rückzahlung in 18 Jahren. Das Kursrisiko ist angesichts des tiefen Zinses für eine solch lange Laufzeit einfach zu gross.
Seit dem 10. Dezember ist der Titel nun an der Börse kotiert. Die ersten Transaktionen gingen noch zu 97,25 % über die Bühne. Seither glitten sie auf 94 % zurück. Eine Entwicklung also, wie ich sie erwartet hatte. Damit stellt sich die Frage, ob man auf diesem nun schon wesentlich tieferen Kursniveau mit Käufen beginnen soll?
Zur Beantwortung der Frage müssen wir zunächst eine Rechnung machen, nämlich welche Rendite auf Verfall (Zins plus Kursgewinn bis zur Fälligkeit) weist die Anleihe nun aus? Ich komme auf 2,4 % und das ist mir für eine Laufzeit von 18 Jahren weiterhin zu wenig. Da kann man sich an der Börse mit besser rentierenden CHF-Obligationen eindecken. So kommt man beispielsweise mit einer solchen von General Electric und bloss 8-jähriger Laufzeit auf 3,1 %, mit einer der Credit Suisse mit Fälligkeit in 10 Jahren auf 3,2 % und mit einer 12-jährigen der Swisscom auf 3,05 %. Aber eines ist klar: An die Bonität des Kantons Aargau kommt keine dieser Anleihen heran.