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Geldratgeber vom 20. Oktober 2011
von Maximilian Reimann
Vor Wahlen zeigen sich viele Politiker grosszügig. Man verspricht und verspricht und erhofft sich dadurch von den Begünstigten deren Stimmen. Als besonderes „Operationsfeld“ erweist sich das Gesundheitswesen und daselbst namentlich die KVG-Prämien.
Der weit über der allgemeinen Teuerung liegende Anstieg der KVG-Prämien ist ein echtes Ärgernis in unserem Land. Deshalb drängt es die Politik nach Gegensteuer. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. So wird etwa die völlige Prämienbefreiung für Kinder gefordert. Andere Töne hört man hingegen vom anderen Ende der Altersskala, wo es den Senioren mit Prämienerhöhungen an den Kragen gehen soll.
Keine KVG-Prämien mehr für Kinder?
Letzte Woche hat die Sozialkommission des Ständerates knapp mit 5 zu 4 einem Beschluss der nationalrätlichen Schwesterkommission auf Prämienbefreiung für Kinder zugestimmt. Konkret geht es dabei um 1,8 Milliarden Franken oder 9 % des gesamten KVG-Prämienvolumens. Aber wer soll das denn bezahlen? Da gehen die Meinungen weit auseinander, von der Überwälzung auf die Erwachsenen bis hin zur Übernahme durch die Kantone? Ich bin gespannt, welche Lösung siegreich aus den bevorstehenden Parlamentsdebatten hervorgeht und ob letztlich das Volk per Referendum nicht doch noch alles durchkreuzen wird.
Noch höhere Prämien den Erwachsenen aufzuerlegen, ist kein leichtes Unterfangen. Denn die Erwachsenen bilden per se das Stimmvolk und ich glaube nicht, dass dieses gewillt ist, für KVG-Prämien noch tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Also Überwälzung auf die Kantone? Da ist die Rechnung auch noch nicht ohne den Wirt gemacht, und der Wirt, das sind die kantonalen Finanzdirektoren. Diese werden sich wohl entschieden gegen die Übernahme weiterer vom Bund diktierter Kosten zur Wehr setzen, gerade in einer Zeit, wo sie schon wegen der im letzten Jahr von der Nationalbank zur CHF-Stützung verpulverten rund 50 Milliarden auf Gewinnausschüttungen verzichten müssen. So verliert allein der Kanton Aargau jährlich 120 Millionen an SNB-Einnahmen.
Senioren als Profiteure höher belasten?
Nach den Kindern kommen in der Alterspyramide die jungen Erwachsenen. Auch denen wollte man im Nationalrat die KVG-Prämien erlassen, so lange sie jedenfalls noch in Ausbildung sind. Totaler Prämienerlass somit auch für die „ewigen Studenten“! Das ging der ständerätlichen Sozialkommission aber doch zu weit und sie fegte das Ansinnen vom Tisch.
Dafür liegen harte gesundheitspolitische Töne gegen die ältere Generation im Raum. Der Vorwurf lautet konkret: Ältere Menschen seien häufiger krank, mitunter gar chronisch krank, und das verursache hohe Medizinalkosten zu Lasten der Allgemeinheit. Deshalb sollen den „Profiteuren“ der Krankenversicherung mit zunehmendem Alter höhere Prämien auferlegt werden. Eine happige Forderung, die eben vom Schweizer Seniorenrat zurückgewiesen wurde, mit diesen klaren Worten: „Alt heisst nicht a priori krank und jung heisst nicht a priori gesund. Die heutigen Senioren waren jahrzehntelang gute Risiken und hatten solidarisch Prämien bezahlt für die Kranken der damals älteren Generation. Deshalb wehren wir uns gegen jegliche Diskriminierung der älteren Bevölkerung in der Krankenversicherung. Die Prämie soll weiterhin solidarisch auf der ganzen Lebensspanne eines Menschen basieren!“
Meine Schlussfolgerung: Ich kann mir nicht einmal im Traum vorstellen, dass eine solche progressive KVG-Prämienstaffelung zu Lasten der älteren Generation an der Urne durchkommen würde. Denn erstens würde wohl jeder Senior, jede Seniorin nein stimmen, und zweitens werden auch die heutigen Jungen einmal alt…