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Geldratgeber vom 24. Februar 2011
von Maximilian Reimann
Wann soll man Aktien von nicht börsenkotierten Unternehmen kaufen und wie findet man überhaupt solche Werte?
Wer sich in einem sog. Anlagenotstand befindet, d.h. über liquide Mittel verfügt und nicht weiss, was er damit anfangen soll, der möge sich auch mal mit den Lokal- und Nebenwerten befassen. Da hat es zweifellos einige Titel im Sortiment, die durchaus für den einen oder anderen Anleger von besonderem Interesse sein könnten. Ich denke dabei etwa an die AZ Medien AG, die Stadtcasino Baden AG, die Pilatus-Bahnen, die WIR Bank Basel oder die Thermalbad Zurzach AG.
Enger Markt, oft hoher Spread
In der Schweiz sind 270 Aktiengesellschaften an der Börse kotiert; ihre Aktien können leicht und transparent gehandelt werden. Weitere rund 400 Unternehmen können ausserbörslich, im Telefon- bzw- OTC-Handel gekauft oder verkauft werden, wobei spezialisierte Finanzinstitute wie etwa die Berner Kantonalbank regelmässig Kurse stellen. Das Marktvolumen ist allerdings meist gering. Dafür kann die Spannweite zwischen Geld- und Briefkursen (Spread) mitunter sehr gross sein. So werden beispielsweise Aktien der AZ Medien derzeit für 850 Franken gesucht und für 1100 Franken angeboten. Bei der Rheinfelder Immobilienfirma Tersa AG liegen die entsprechende Preise bei 9‘250 (Kauf) und 12‘000 (Verkauf). Oder Kabelwerke Brugg werden derzeit für 10‘260 Franken gesucht, während zum Verkauf überhaupt kein Angebot vorliegt. Diese Kurse habe ich der OTC-Plattform der Berner Kantonalbank entnommen. Wer selbst in deren reichhaltiges Handelsangebot Einsicht nehmen möchte, kann das über www.otc-x.ch/alletitel tun. Aufträge zum Kauf oder Verkauf wickelt man am besten über die eigene Haus- bzw. Depotbank ab. Dabei tut man als Anleger gut daran, die Preise zu limitieren, auch auf das Risiko hin, mitunter lange auf die Ausführung warten zu müssen oder gar leer auszugehen. Das ist immer noch besser, als durch Phantasiekurse übers Ohr gehauen zu werden!
Vor allem als Daueranlage geeignet
Wie gesehen, werden im ausserbörslichen Handel Aktien von Unternehmen angeboten, die sehr wohl die Gunst vieler Anleger finden würden. Auf der erwähnten BEKB-Plattform werden sie in folgende Kategorien unterteilt: Banken, Beteiligungsgesellschaften, Bergbahnen, Energie, Immobilien, Industrie, Medien, Nahrungsmittel/Getränke, Tourismus/Freizeit sowie Transport/Verkehr. Eines möchte ich aber ganz klar empfohlen haben: Zum schnellen Ein- und Wiederaussteigen eignen sich ausserbörslich gehandelte Titel nicht. Das Handelsvolumen ist zu klein, die Markttransparenz gering und Einsicht ins Orderbuch gibt es nicht. Auch bei Swissquote, der führenden Online-Bank der Schweiz, kann man mit den Valor-Nummern der Lokal- und Nebenwerte nichts anfangen. Deshalb komme ich zum Schluss, dass sich ausserbörsliche Aktien in der Regel nur für Daueranlagezwecke eignen. Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn bei einem häufigen „Rein und Raus“ profitiert meistens eh nur die Bank…
Rückblende
Am 15.12.2010 emittierte der Kanton Aargau eine neue Anleihe mit 18 Jahren Laufzeit und einem Zinssatz von 2 %. Ich schrieb schon damals, das sei ein hervorragendes Geschäft für den Kanton, jedoch nichts für renditebewusste Anleger. Heute, nach einer Laufzeit von erst zwei Monaten, ist der börsenkotierte Titel bereits auf einen Kurs von 93,5 % abgesackt. Ein Leser frägt mich an, ob er auf diesem Niveau nun zugreifen soll? Statt einer Sparheft-Rendite von völlig unattraktiven 0,375 % käme er dann immerhin auf 2 %, sowie bis zum Ende der Laufzeit am 15.12.2028 zusätzlich noch zu einem steuerfreien Kapitalgewinn von 6,5 %. Ich riet ihm weiterhin vom Kauf ab. Warum?
Auf dem aktuellen Kursniveau weist besagte Anleihe (Valor 11‘985‘865) nun eine Rendite auf Verfall von 2,4 % auf, ohne Berücksichtigung der Kauf-Courtage und der jährlichen Depotgebühren. Das ist mir für die verbleibende Restlaufzeit mmer noch viel zu wenig. Das Zinsniveau hat nun eindeutig die Talsohle durchquert und steigt wieder an. Dabei gilt es die eherne Börsenregel zu beachten, dass man bei steigendem Zinstrend nur Anleihen von möglichst kurzer Laufzeit erwerben soll. Folglich wird auch diese langfristige Aargauer Kantonsanleihe weiter an Kurswert verlieren, trotz absolut erstklassiger Bonität. Höchstens einem Aargauer würde ich empfehlen, allmählich an den Kauf dieser Anleihe zu denken.
Sie dürfen dreimal raten, wen ich meine! Es ist unser Finanzdirektor Roland Brogli, sofern er in der kantonalen Tresorerie über kurzfristig nicht benötigte Mittel verfügt. Korrekterweise müsste man von „Rückkauf“ der Anleihe reden. Doch wie dem auch sei, ein saftiger kurzfristiger Gewinn wäre ihm und damit dem Aargauervolk so oder so gewiss!