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Geldratgeber vom 28. Juli 2011
von Maximilian Reimann
Wenn ein Bankkunde hohe Summen auf einem mager verzinsten Sparkonto hält und zwecks Renditeoptimierung das Geld dann rasch auf eine andere Bank verschieben möchte, hat er mit happigen „Strafgebühren“ zu rechnen.
Mit solch einem konkreten Fall musste sich letztes Jahr der Schweizerische Bankenombudsman herumschlagen. Dabei ging es um nicht weniger als 215‘000 Franken, die ein Anleger auf seinem Sparkonto stehen hatte. Als er wahrnahm, dass ihm mit dieser defensiven Anlage hunderte – wenn nicht tausende – von Franken jährlich an Ertrag entgingen, löste er das Problem auf allzu radikale Weise. Er liess das Geld bis auf 300 Franken innert wenigen Wochen, teils in bar, teils durch Zahlungsauftrag, auf eine andere Bank verschieben. Auf dem zum Jahresende erstellten Kontoauszug lag er dann aber nicht mit 300 Franken im Plus, sondern mit 1‘200 Franken im Minus.
Rückzugsbeschränkung nicht beachtet
Die vom Kunden zur Rede gestellte Bank stellte sich auf den Standpunkt, es bestehe eine Rückzugsbeschränkung von 50‘000 Franken pro Jahr. Für höhere Summen gelte eine Kündigungsfrist von 6 Monaten. Bei Nichtbeachtung falle eine Gebühr von 1 % an, die per Ende Jahr belastet wird. Das waren in vorliegendem Fall 1‘700 Franken. Der Kunde hingegen behauptete, er hätte sich beim ersten Barrückzug am Schalter nach allfälligen Rückzugsbeschränkungen erkundigt. Die Antwort habe gelautet, er könne ohne Einschränkung über sein Guthaben verfügen.
Der Fall landete beim Ombudsman. Dieser ging davon aus, dass eine solche Rückzugsgebühr nur zulässig sei, wenn das mit dem Kunden so vereinbart worden sei. Ein allgemeiner Verweis auf Broschüren und Preislisten genüge nicht. Zudem bestehe für die Bank eine Warnpflicht, wenn für sie erkennbar sein muss, dass der Kunde in Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse eine für ihn nachteilige Verfügung trifft. Die Bank war trotzdem zu keinem Entgegenkommen bereit. Die Lehre daraus: Wer ab Sparkonten hohe Rückzüge tätigt, vergewissere sich unmissverständlich, dass er keine Kündigungsfristen verletzt.
Mehr Kompetenzen für den Ombudsman?
Der eben erschienene Jahresbericht 2010 des Bankenombudsmans war weniger umfangreich als auch schon. Die Wunden der folgenschweren Finanzkrise 2008/09 waren offensichtlich einigermassen ausgeheilt. Aber auch letztes Jahr musste man gelegentlich den Kopf schütteln über die Sturheit gewisser Banken. Der eben geschilderte Fall zeugt davon. Deshalb wurde die Forderung lauter, es seien dem Ombudsman mehr Kompetezen einzuräumen. Statt zu schlichten, solle er mit einer Spruchkompetenz ausgestattet werden. Dazu vermerkte Ombudsman Hanspeter Häni trockem: „Ich bin skeptisch bezüglich einer Spruchkompetenz, obwohl ich hin und wieder ob der Sturheit einzelner Banken – wie auch einzelner Bankkunden – geneigt wäre zu sagen: Basta, jetzt wird entschieden!“