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Den Kanton Aargau wegfusionieren

...eine Ungehörigkeit!

von Ständerat Maximilian Reimann, Gipf-Oberfrick (AG)

Ich kam nicht aus dem Staunen heraus, als ich diese Woche Post aus Basel erhalten hatte. Es war eine 20-seitige Hochglanzbroschüre mit dem Titel „Grenzen überwinden“. Absender war eine Vereinigung für eine starke Region Basel/Nordwestschweiz und folgender Zielsetzung: „Im Rahmen einer eidgenössischen Gebietsreform soll ein Kanton Nordwestschweiz bestehend aus AG, BL, BS und SO sowie allenfalls JU gebildet werden.“

Natürlich setze auch ich mich als Standesvertreter eines der anvisierten Kantone tatkräftig für eine starke Region Nordwestschweiz ein, insbesondere als Gegen- bzw. Zusatzpol zur wirtschaftlich dominierenden Region Zürich. Deshalb treffen wir Ständeräte der Nordwestschweizer Kantone uns praktisch jede Session einmal mit Regierungsräten unserer Region. Das Ziel ist klar: Uns auf nationaler Ebene durch gemeinsame Absprachen mehr Gewicht zu verschaffen, wenn es um die Durchsetzung von nordwestschweizerischen Anliegen geht. Im Zentrum unserer Bemühungen steht derzeit der Durchstich eines weiteren Eisenbahntunnels zwischen Basel und dem Mittelland, um die bestehenden Linien vom bevorstehenden, massiv zunehmenden Gütertransitverkehr zu entlasten, wenn die NEAT dereinst ihren vollen Betrieb aufgenommen hat. Bekanntlich denkt man in Bern primär von Westen nach Osten, von Genf über Bern und Zürich bis zum Bodensee, wenn es um die Verkehrsströme geht. Für einen neuen Jura-Durchstich hat man kein Gehör.

Basler Arroganz
Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinweg, und zwar dort, wo es wirklich Sinn macht, genügt besagter Vereinigung in der Agglomeration Basel offenbar nicht. Sie strebt eine grossflächige Kantonsfusion an. Aber nicht nur Basler wollen das. Im 15-köpfigen Vorstand sitzt auch ein Fricktaler, und zwar kein geringerer als der langjährige Geschäftsführer des Planungsverbandes Fricktal-Regio, Gerry Thönen aus Kaisten. Visionen soll und darf man haben, selbstverständlich auch in der Politik. Aber den Bezug zur Realität soll dabei nicht verloren gehen. Glauben die Anhänger eines solchen Kantons Nordwestschweiz wirklich, dass die Leute von Baden, aus dem Freiamt, vom Hallwilersee oder aus Zofingen zu einem Grosskanton Basel geschlagen werden möchten? Oder sehen sie das Heil gar in einer Wiederaufspaltung des Kantons Aargau, wie es in vornapoleonischer Zeit der Fall gewesen war? Es zeugt von einer unverschämten Arroganz, derartiges von uns Aargauern abzuverlangen, ohne je das Gespräch mit uns gesucht zu haben. Selbst als Fricktaler verspüre ich weder Lust noch Notwendigkeit für einen Kantonswechsel.

Abschaffung des kantonalen Steuerwettbewerbes
Vorletzte Woche stand im Ständerat das Postulat „Kantonsfusionen begünstigen“ des jungen Neuenburger Standesvertreters Raphael Comte an. Er verlangte vom Bundesrat lediglich einen Bericht zur Problematik von Kantonsfusionen; der Bundesrat erklärte sich gar zur Entgegennahme des Vorstosses bereit. Das Ratsplenum war aber nicht bereit, generell an den aktuellen Kantonsgrenzen rütteln zu lassen. Längst wird nämlich nicht alles besser, wenn es in grösseren Räumen angepackt wird. Man sehe sich doch nur einmal die KVG-Prämien an. Im kleinsten Kanton sind sie am tiefsten, in grossstädtischen Kantonen am höchsten! Und was liest man in besagter Broschüre aus Basel dazu? Mit Ausnahme von Zürich seien die Kantone nicht mehr in der Lage, z.B. das Gesundheitswesen allein zu finanzieren. Eine Frechheit den Appenzellern gegenüber! Man kommt folglich nicht um den Verdacht herum, den Initianten zur Schaffung von Grosskantonen gehe es primär darum, den interkantonalen Steuerwettbewerb zu unterbinden. Günstige Kleinkantone wie Zug, Schwyz, Obwalden oder Innerrhoden sind bekanntlich den rot-grün dominierten Grossagglomerationen längst ein Dorn im Auge!