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Ist Sparen zur Farce verkommen?

Geldratgeber vom 5. Februar 2015

Sparen galt bis anhin als Tugend. Sie wurde einem von Götti und Gotte quasi schon in die Wiege gelegt. Alljährlich wurde man mit einem schönen Sparzins belohnt. All das ist heute anders geworden.

Werfen wir gleich mal einen Blick auf das aktuelle Sparzinsniveau. Es tendiert gegen null. Einigermassen „anständige“ Zinsen gibt es noch für Jugendliche sowie bei elektronischer Kundenbeziehung, wie zum Beispiel bei der PostFinance: E-Jugendsparkonto bis Fr. 25‘000: 1,05 %Höhere Beträge: 0,3 % Normal-Jugendsparkonto bis Fr. 25‘000: 0,9 %Höhere Beträge: 0,15 %E-Sparkonto ab Alter 20: 0,3 %Normal-Sparkonto ab Alter 20: 0,15 % Diese Zinssätze liegen im Vergleich mit den übrigen Banken im oberen Drittel. Aber schon bei den ehemals beliebten Kassen-Obligationen gibt es bei der PostFinance keinen Zins mehr. Bei anderen Banken erstreckt sich der Fächer von 0,25 % für zweijährige bis 1 % für achtjährige Laufzeiten.

Anlegerschutz als Hauptvorteil
Ab Alter 20 lohnt sich Sparen, zumindest was die Rendite anbetrifft, somit kaum mehr. Der spärliche Zins unterliegt nämlich der Einkommenssteuer und je nach Bank fallen noch Spesen an. Dieses Rendite-Desaster verdanken wir zur Hauptsache der Europäischen Zentralbank, der Hüterin über den Euro. Sie wurde von der Politik quasi dazu verdammt, mit Milliarden-Geldspritzen den Zusammenbruch des Euro bzw. den Austritt einzelner Länder aus der Euro-Währungszone zu verhindern. Da ist eine Zeitbombe am Ticken, denn auf Dauer kann diese Art – oder besser Unart – von Währungspolitik nicht durchgehalten werden. Kommen noch hausinterne „Sünden“ hinzu, wie es am Beispiel der Raiffeisen Bank International (vgl. Kasten) den Anschein macht, dann sind Verluste vorprogrammiert, die selbst vor der Kundschaft nicht mehr halt machen.

Nun, ich möchte keineswegs den Teufel an die Wand malen, schon gar nicht bei Banken in der Schweiz. Aus dem Kollaps der Spar- und Leihkasse Thun im Jahre 1991 hat man gelernt. Seither ist es bei uns nicht mehr zu weiteren Bankpleiten gekommen. Und seit der Finanzkrise von 2008 sind Bankeinlagen pro Kunde und Bank bis zu 100‘000 Franken gesetzlich geschützt. Darin erblicke ich derzeit das Hauptmotiv zum Sparen. Man kann nichts verlieren!

Gibt es Alternativen?
Und wenn man trotzdem noch Erträge erzielen will? Da gibt es selbstverständlich der Möglichkeiten weiterhin viele. Aber es gilt dabei gewisse Grundsätze zu beachten, von der Kündigungsfrist bis zu den Risiken. Zu den sicheren Anlagen mit Renditen von klar über einem Prozent gehören die Säule-3a- und die Freizügigkeitskonten. Diese können aber über Jahre blockiert sein. Obligationen mit solider Bonität bringen hingegen, bei Berücksichtigung von Börsenspesen und Depotgebühren, derzeit praktisch nichts mehr ein. Doch Hände weg vor Obligationen minderer Bonität wie etwa dem erwähnten Beispiel von Raiffeisen International.

Aus meiner Sicht als Anlage in Frage kommen schweizerische Blue-Chip-Aktien mit hoher Dividenden-Rendite, ausgeschüttet wenn möglich aus Kapitalreserven. Dann sind sie nämlich steuerfrei. Vor allem nach dem Kurssturz vom 15. Januar sind solche Käufe wieder einigermassen vertretbar. Wer aber grundsätzlich das Kursrisiko scheut, der verharre – ohne jegliche Farce - bis auf weiteres in Liquidität.

 

11 % Rendite mit Raiffeisen-Anleihe

Leider handelt es sich dabei nicht um Raiffeisen-Anlage mit Gütesiegel Schweiz, sondern um eine solche aus Österreich. Aber immerhin, in der Schweiz ist sie kotiert, die mit 4 % verzinste Schweizerfranken-Anleihe der Raiffeisen Bank International mit Sitz in Wien, Laufzeit von 2013 – 23 und der Valoren-Nr. 21‘293‘721.

Schon im letzten Herbst, als ihr Börsenkurs noch um die 100 % notierte, hatte ich mich an dieser Stelle kritisch zu dieser Anleihe geäussert. Die Bank, trotz Markenzeichen „Raiffeisen“, hatte zu stark in osteuropäische Länder expandiert, insbesondere auch nach Russland und in die Ukraine. Letzte Woche nun teilte die Bank mit, dass sie sich deswegen zu grösseren Wertberichtigungen genötigt sieht. Entsprechend tauchten der RBI-Aktienkurs sowie die ausstehenden Obligationen ab. Vorliegende CHF-Anleihe fand erst bei 66 % wieder Boden und auf dieser Basis berechnet sich ihre Rendite auf Verfall auf sagenhafte 11 Prozent, vorausgesetzt natürlich, die Bank überlebt und sei 2013 zur Rückzahlung in der Lage.

Ist das nun ein Schnäppchen für mutige Anleger, die das Risiko nicht scheuen? Zweifellos ja für solche Leute, die ebenso gut ins Spielcasino gehen könnten, aber weiterhin nein für vorsichtig disponierende Anleger. Wo „Raiffeisen“ draufsteht, ist eben nicht immer Raiffeisen nach schweizerischer Art drin. Auch nicht, obwohl die Bank inzwischen hat verlauten lassen, selbst im Russland-Geschäft werde sie heuer keine Verluste schreiben!

von Maximilian Reimann